Cushing

Equines Cushing Syndrom


Bei dem Equinen Cushing Syndrom handelt es sich um eine hormonelle Erkrankung, von der etwa 3% der Pferdepopulation betroffen sind. Sie tritt häufig bei alten Pferden auf, also ab einem Alter von etwa 15 Jahren. Cushing ist eine fortschreitende, chronische Krankheit, die in Schüben auftritt. Es ist zwar nicht heilbar, kann aber durch die Fütterung unterstützt werden.

Equines Cushing Syndrom wird nach neuesten Erkenntnissen als PPID bezeichnet. Diese Abkürzung steht für Pituitary Pars Intermedia Dysfunction und bezeichnet den Entstehungsort der Krankheit. Die Krankheit entsteht durch eine Fehlfunktion der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) und der Hirnlappen, welche durch eine Degeneration von Nervenzellen ausgelöst wird. Ein weiterer Auslöser kann oxidativer Stress sein.

Durch die Degeneration der Nervenzellen verändert sich die Hormonzusammensetzung. Das Hormon ACTH (Adrenosorticotropes Hormon) wird vermehrt produziert und veranlasst in der Nebennierenrinde eine erhöhte Produktion von Cortisol. Beim Cushing ist jedoch nicht die ausgeschiedene Cortisolmenge entscheidend, sondern der Rhythmus, in dem das Cortisol in der Nebennierenrinde freigesetzt wird. ACTH hat zusätzlich einen Einfluss auf den Insulin- bzw. Blutzuckerspiegel im Blut. Denn Cortisol ist ein wichtiger Gegenspieler zu Cortisol. Ist der Cortisolspiegel zu lange zu stark erhöht, kann eine Insulinresistenz entstehen.

Was bewirkt Cortisol?


Cortisol unterstützt abbauende Stoffwechselvorgänge. Bei solchen wird dem Körper Glukose zur Verfügung gestellt. Das Hormon beeinflusst aber nicht nur Stoffwechselvorgänge wie Knochenbildung, Eiweiß- oder Fettstoffwechsel, sondern auch die Produktion und Verteilung der Blutzellen. Zudem hat Cortisol immunsuppressive Eigenschaften und wird in der Medizin in Form von Cortison zur Eindämmung von Entzündungen verwendet. Cortisol verlangsamt eine beschleunigte Zellteilung wie bspw. bei Krebs.

Diagnosemöglichkeiten


Zurzeit gibt es noch keinen 100% zuverlässigen Test. Gerade in frühen Stadien liegen oft falsch-negative Ergebnisse vor. Ein Pferd mit Verdacht auf PPID sollte auch bei negativem Ergebnis aufmerksam beobachtet werden. Dabei ist vor allem auf eine Veränderung von Symptomen zu achten.

Cushing kann über verschiedene Bluttests diagnostiziert werden, denn einige Blutwerte können verändert sein. Als Indikator für Cushing gelten ein erhöhter ACTH-Wert, ein erhöhter MSH-Wert, aber auch eine Hyperglykämie oder eine Hyperinsulinämie.

Ein erhöhter ACTH-Wert kann ohne Futterkarenz und tageszeitunabhängig bestimmt werden. Allerdings ist auf die Jahreszeit zu achten, denn im Herbst ist der Wert grundsätzlich erhöht. Der ACTH-Wert ist sehr störanfällig und kann durch alle Arten von Stress erhöht sein.

Um die MSH-Konzentration zu bestimmen, gibt es bisher keinen konventionellen Test. Der MSH-Wert ist weniger störanfällig als der ACTH-Wert. Allerdings schwankt der MSH-Wert jahreszeitabhängig sehr viel stärker als der ACTH-Wert.

Eine Hyperglykämie oder eine Hyperinsulinämie lässt sich mit Hilfe eines Glukosetoleranztests bestimmen. Dieser ist teilweise genauer als nur ein ACTH-Test, aber ähnlich störanfällig. Bei einem Glukosetoleranztest wird dem Pferd oral Dexamethason verabreicht. Liegt eine Erkrankung von, bleibt der Cortisolwert hoch und sinkt nicht ab.

Symptome


Cushing kann sich durch viele verschiedene Symptome äußern. Polyurie (vermehrtes Wasserlassen) und Polydipsie (vermehrte Wasseraufnahme) stehen oft in Zusammenhang und wird durch den Einfluss von Cortisol auf die Hormone ADH und Insulin verursacht. Durch den Einfluss auf Insulin entsteht eine ähnliche Stoffwechsellage wie bei einer Diabeteserkrankung. Die Zuckerkonzentration im Blut ist erhöht und der Zucker muss über die Nieren aus dem Körper geschwemmt werden. Das Hormon ADH beeinflusst die Rückresorption des Wassers im Körper. Wasser in der Niere wird gefiltert und entweder über die Harnwege ausgeschieden oder rückresorbiert, um im Körper weiter genutzt zu werden.

Eine Polyphagie (krankhaft gesteigerter Appetit) kann als Reaktion des Körpers auf vermehrten Abbau von Fett und Eiweiß auftreten. Das kann sowohl mit dem Insulinstoffwechsel oder dem veränderten Eiweißstoffwechsel zu tun haben. Durch den Einfluss der Hormonzusammensetzung auf die Endorphine kann es zu einer Leistungsdepression oder Lethargie kommen. Die Pferde sind müde, abgeschlagen und haben kaum Lust sich zu bewegen.

Eine erhöhte Insulinkonzentration im Blut kann zudem zu einer Fettsucht führen, die sich häufig im Bereich des Mähnenkamms zeigt. Trotz dessen ist ein Gewichtsverlust möglich, da die Muskulatur verschwindet. Der Proteinstoffwechsel in den Muskelzellen ist verändert und es wird vermehrt Fett eingelagert. Das wird oftmals durch den typischen Hängebauch und den Senkrücken deutlich, die zusätzlich durch den Abbau von Kollagen, Bindegewebe und im Verlauf auch von Knochengewebe entstehen. Zusätzlich nimmt die Knochendichte ab.

Ein weiteres typisches Symptom von Cushing ist langes Fell mit Lockenbildung. Auch der Fellwechsel dauert übermäßig lange. Durch die Unterdrückung des Immunsystems durch das Cortisol sind Pferde, die unter Cushing leiden, anfälliger für Infekte, denn Krankheitserreger können sich leichter vermehren. Aufgrund des geschwächten Immunsystems ist auch die Wundheilung beeinträchtigt.

Oftmals zeigen Cushingpferde Hufprobleme wie Hufgeschwüre oder wiederkehrende Hufrehe, die endokrinopatisch bedingt ist. Eine Vasokonstriktion (Gefäßverengung) sorgt für Durchblutungsstörungen. Treten diese in der Huflederhaut auf, lösen sie einen Hufreheschub aus. Cushingpferde sollte immer kontrolliert und beobachtet werden, um eine Rehe zu vermeiden oder schnellstmöglich zu erkennen. Die enger gestellten Gefäße können zusätzlich Kreislaufprobleme und Bluthochdruck verursachen.

Pferde, bei denen sich eine Umfangsvermehrung, ein Adenom, im Bereich der Hypophyse bildet, kann es zu grundlosem, übermäßigem Schwitzen kommen. Die Umfangsvermehrung übt Druck auf den Hypothalamus aus, wodurch die Thermoregulation gestört wird. Manchmal treten auch Probleme im Bereich der Geschlechtsorgane auf, zum Beispiel eine Hodenatrophie beim Hengst oder Ausbleiben der Rosse bei Stuten. Die Geschlechtshormone werden wie Cortisol von der Nebennierenrinde ausgeschüttet, die durch die vermehrte ACTH-Produktion angeregt wird.

Behandlungsmöglichkeiten


In der Schulmedizin wird PPID mit Tabletten behandelt, die das Mutterkornderivat Pergolidum enthalten. Diese können verschiedene Nebenwirkungen wie Appetitlosigkeit, Lethargie, zentralnervöse Störungen, Niedergeschlagenheit, Ataxie, Durchfälle oder auch Koliken mit sich bringen. Viele Pferde zeigen innerhalb von vier bis zwölf Wochen eine Verbesserung ihrer Cushing-Symptomatik. Gerade bei schweren Verläufen kann dadurch das ein oder andere Pferd noch gerettet werden.

Die Tabletten wirken als Dopaminrezeptorenagonist. Das heißt die Wirkstoffe heften sich an die Dopaminrezeptoren und lösen eine Dopaminproduktion aus. Dopamin sorgt dafür, dass die Bildung von ACTH und Cortisol gesenkt wird. Dadurch kommt der Hormonhaushalt wieder zurück ins Gleichgewicht. Wichtig ist es, die Behandlung von Tierarzt begleiten zu lassen und die Werte regelmäßig zu überprüfen. Das größte Problem liegt in den jahreszeitlichen Schwankungen der Werten. Umso wichtiger ist ein erfahrener Tierarzt und eine enge Betreuung und Zusammenarbeit.

Unterstützende Heilpflanzen


Vor dem Einsatz von Heilpflanzen sollte unbedingt mit dem betreuenden Tierarzt Rücksprache gehalten werden, um keine Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu riskieren. Bei Cushing können Hagebutte, Weißdorn und Ginko eingesetzt werden. Alle drei Pflanzen können über längeren Zeitraum gegeben werden. Hagebutte und Weißdorn können dauerhaft eingesetzt werden. Bei einer Zufütterung von Ginko sollten zwischendurch Pausen eingelegt werden. Hier ist ein Ersatz mit beispielsweise Taigawurzel möglich.

Die Hagebutte wird vor allem bei alten Pferden, Rehepatienten, Pferden mit Gelenksproblemen und bei Problemen mit dem Immunsystem eingesetzt. Die Wirkstoffe der Pflanze haben einen Einfluss auf die Schmerzempfindlichkeit und verbessern die Bewegungsfähigkeit. Bei Cushingpferden sorgt eine regelmäßige Fütterung einer therapeutischen Menge für eine verbesserte Durchblutung der Kapillargefäße. Dies hat einen großen Einfluss auf die Durchblutung der Huflederhaut. Für eine bestmögliche Verwertung sollten die Hagebutten nicht ganz verfüttert werden, sondern in Pulver- oder Pelletform unter das Futter gemischt werden.

Weißdorn wird vorwiegend zur Stabilisierung des Herz-Kreislauf-Systems eingesetzt und kann die Erweiterung der Gefäße mit beeinflussen (Gefäßdilatation). Ein positiver Nebeneffekt ist die verbesserte Durchblutung der großen Ausleitungsorgane Leber und Niere. Weißdorn wird am besten als Saft oder in Pulverform aufgenommen und verwertet.

Ginko findet bei Demenz, Nervenveränderungen und Durchblutungsproblemen Verwendung. Diese Pflanze wirkt durchblutungsfördernd, gefäßerweiternd und nervenschützend. Sie fördert die Durchblutung des Gehirns und hilft auch bei Durchblutungsstörungen in den kleinen Gefäßen (Kapillaren), also zum Beispiel Huflederhaut und Netzhaut. Bei Ginko sollte darauf geachtet werden, dass nur Standardpräparate verwendet werden, da Ginko gefährliche Inhaltsstoffe enthalten kann, die bei der Herstellung dieser Präparate so gut wie möglich entfernt werden.

Fütterung


Bei Pferde, die an Cushing erkrankt sind, ist auf eine zucker- und stärkereduzierte Fütterung zu achten. Es eignen sich beispielsweise Kraftfutter, die frei von Getreide sind. Ungeeignet sind melassierte Trockenschnitzel, Trockenkarotten (z.B. Karottenchips) oder auch junges Weidegras. Bei Weidegang sollte man die Weide und damit einhergehend die Fruktanwerte immer im Blick haben. Gestresstes Gras hat einen hohen Fruktangehalt, welcher für Cushing-Pferde schlecht ist, da Fruktan eine Hufrehe begünstigen oder sogar auslösen kann.

Zudem ist ein hoher Rohfaseranteil in der Ration wichtig, um die Funktion des Dickdarms zu unterstützen. Bei Pferden mit Zahnproblemen kann auf Heucobs ausgewichen werden. Außerdem sollte in der Ration auf einen hohen Gehalt an Mineralstoffen und Vitaminen geachtet werden, um den Stoffwechsel, Fellwechsel und die Hufsubstanz zu unterstützen. Ein Mangel an Mineralstoffen ist auch ein Stressfaktor für den Körper. Besonders die Werte von Vitamin B und Selen sollten im Auge behalten werden.

Bei adipösen Pferden mit Cushing sollte der Weidegang reduziert oder auf eine Fressbremse zurückgegriffen werden. Eine kalorienreduzierte Diät ist für solche Pferde sinnvoll. Man sollte sich immer die Frage stellen: Ist das was ich gerade füttere/füttern möchte, auch wirklich wichtig? Muss mein Pferd das fressen oder gibt es vielleicht eine Alternative?

Zudem ist es wichtig, die tägliche Bewegung anzupassen und wenn möglich ein moderates Training in den Tagesablauf einzuplanen. Das Pferd sollte nicht in Stress oder muskulären Stress geraten. Die Bewegung verbessert die Insulinstabilität des Pferdes. Sollten Lahmheitsproblematiken vorhanden sein, sollte sobald wie möglich die Bewegung im Schritt aufgenommen werden.

Auch für abgemagerte Pferde oder Pferde im Normalgewicht empfiehlt es sich eine ähnliche Diät wie bei übergewichtigen Pferden anzusetzen. Allerdings sollte die Kalorienaufnahme höher sein, damit die Pferde ihr Gewicht halten oder zunehmen. Die Kalorienzufuhr kann über Fette und Fasern wie beispielsweise Pflanzenöle oder Reiskleie gedeckt werden. Hochwertige Proteine und Aminosäuren sollten in kleinen Mengen auf mehrere Mahlzeiten verteilt gefüttert werden. Dafür eignen sich zum Beispiel Luzerne, Esparsette oder Aminosäureprodukte. Die Zufuhr an Kohlenhydraten sollte auch bei dünnen Pferden beschränkt sein.

Weiterhin wichtig


Zusätzlich zur Fütterung gibt es noch einige Punkte, die bei Cushing-Pferden beachtet werden sollten. Gerade in der Haltung gibt es Punkte, die sich optimieren lassen. Da Pferde mit Cushing oftmals mehr Urin ausscheiden, empfiehlt es sich die Box öfter und gründlicher zu misten. Dabei sollte das Pferd nicht in der Box stehen, um die Atemwege zu schonen. Das gilt grundsätzlich für alle Pferde. Der Weidegang ist zu reduzieren.

Dem Pferd sollte immer ausreichend frisches Trinkwasser zur Verfügung stehen. Da Pferde meist mehr und lieber aus Eimern oder Bottichen trinken, kann ein Eimer zusätzlich zur Selbsttränke in der Box angebracht werden. Dies kann vor allem für Cushing-Pferde, die symptombedingt viel trinken, sinnvoll sein. Die Tränken sollten regelmäßig kontrolliert werden, denn langsame oder spritzende Tränken nehmen den Pferden die Lust am Trinken. Im Winter kann zwischendurch auch lauwarmes Wasser angeboten werden. Von der Verwendung schwarzer Kübel aus dem Baumarkt auf Pferdeweiden ist im Sommer abzusehen. Bei Sonneneinstrahlung setzen diese Giftstoffe frei, die den Stoffwechsel des Pferdes zusätzlich belasten und schädigen.

Die Bewegung des Pferdes muss gegebenenfalls angepasst werden. Bewegung an sich ist gut, aber zu viel Bewegung bedeutet Stress für das Pferd. Das Pferd sollte regelmäßig geputzt und bei Neigung zu langem Fell auch geschoren werden, um ein übermäßiges Schwitzen zu vermeiden. Stress sollte generell vermieden werden, auch innerhalb der Herde. Schmerzen sollten so schnell wie möglich beseitigt werden. Auf eine Gabe von Cortison ist zu verzichten.